Samstag, 13. August 2011

Die Luft ist rein.

Wieder...
Aber mal langsam und alles der Reihe nach. Gehen wir also zurück zum 1. August. Nationalfeiertag – Zusammentreffen mit dem Schweizer Botschaftsmitarbeiter Mao Schui. Irgendwie passend, oder? Er ist bei unserer Ankunft mit dem Zug aber leider gerade nicht zu hause. Irgendwie unpassend, oder?
Nicht so sehr, denn er muss Platz schaffen, er begleitet seinen vorherigen Besuch an den Flughafen. Wir sind in China, da gibt es viele Leute und man muss sich wohl oder übel an die Massenabfertigung gewöhnen.
Der Plan des Gastgebers geht aber nicht ganz auf. Die Stunde wird verwechselt und der Besuch verpasst somit den Flieger (notiere: bei der Abreise das Timing nicht nur Mao Schui überlassen). Das Unglück ist nicht so gross, wie es scheinen könnte. Mao Schui darf seinen „alten“ Besuch länger als geplant geniessen und wir als „Neue“ kommen in den Genuss von einem wunderbar würdigen 1. August Nachtessen zu viert. Die „alte“, die „neuen“ und der Konstante, also zusammen im Buddhistischen, vegetarischen Restaurant am Tofu und Käsefondue (!!) essen, gloubsch?
Unglaublich, aber der Besuch bei Marco in Peking hatte noch viel mehr Lustigkeiten, Spezialitäten und Entdeckungen zu bieten! Erst einmal der Luxus der uns zu Teil wurde in seiner Wohnung, King –Size Bett, Computer mit ungesperrtem Internet, Waschmaschine, Wasserspender, Musikanlage, Kühlschrank, alles, tutti quanti! Dann die Paulaner Hausbrauerei im Erdgeschoss mit lauter lauten, beschwipsten Chinesen und chinesischen Serviererinnen im Dirndl. Das alleine hätte lange für gute Unterhaltung gesorgt, Marco liess sich aber nie lumpen und hat uns jeden Abend, nachdem wir tagsüber den Grossstadtjungel auf eigene Faust durchforstet hatten, ein super Programm geboten! Mal ein ausgewähltes chinesisches Restaurant mit Spezialitäten, mal ein kleiner, authentischer Imbiss um die Ecke oder auch mal auf dem Dach beim Japaner, alles nach unserem Geschmack! Waren wir mal nicht am Essen, waren wir beispielsweise am Trinken. Guinness beim Iren, Mojito im edlen Wolkenkratzer über der Stadt, Singapur Sling beim Japaner, Tsingtao oder Yanjing zum Apéro. Alles im Mass – ihr kennt uns! ;-)
Ah richtig, es gab wahrlich auch Zeiten, da waren wir weder am essen, noch am trinken. In diesen Momenten waren wir meist am Staunen. Egal wo, irgendwie gab es immer etwas zu staunen. Die verbotene Stadt, die lange dem Fussvolk verwehrt war, der Tiananmen auf dem keiner unbemerkt „Free Tibet“ flüstert, der Himmelstempel in dessen Park zig Chinesen unbeschwert die Mittagspause durchtanzen, oder der Jingshan Park in dem Amateur Sänger inbrünstig ihren Sonntagnachmittag durch singen.
Zu dritt hätte auch die chinesische Mauer bestiegen werden sollen. Alles war gebucht, geplant und vorbereitet. Der Wetterbericht spielte uns aber einen Streich und der anscheinend überseriöse Anbieter sagte die Tour ab. Regen gab es dann aber keinen am Wochenende, dafür dann, als wir ohne Marco die Tour am Mittwoch nach gutem Wetterbericht nachholten. Naja, das kann schliesslich jedem Bucheli mal passieren und dank schützendem Wachturm und Zelt war die Nacht AUF der Mauer trotzdem ein super Erlebnis! Mit vom Regen reingewaschener Luft, gab es dann um halb 5  in der Früh auf der Mauer auf der Lauer  einen höchst stimmigen Sonnenaufgang hinter den grünen Hügeln.
Diesen Sonnenaufgang hätten wir dem Gastgeber auch gerne gegönnt, aber wer Bostschaftsinformatiker sein will, muss halt auch mal arbeiten. Der arme Tropf. Aus lauter Mitleid und Ehrfurcht vor so viel Arbeit, haben wir seiner Hausschildkröte ein neues Aquarium ausgesucht. Können die beiden schon keine Sonnenaufgang auf der Mauer geniessen, sollen sie es doch wenigstens gemütlich haben in ihrem Appartement! ;-) Schildkrötenliebhaber und Terrariumexperten dürfen sich übrigens gerne bei Marco melden, er hat uns gesagt, dass er leidenschaftlich gerne jeden Tipp und jede Anregung, um seiner Schildkröte noch einer schöneres leben zu bieten, entgegen nehmen und prüfen werde.

Zu lange wollen wir eure Zeit nicht mehr in Anspruch nehmen, viele lustige Momente gäbe es noch zu beschreiben, einiges zu schildern. Nur noch dies: Stellt drei erwachsene Personen in eine Wohnung und gebt jedem einen kleinen ferngesteuerten Helikopter – sehr witzig. Empfehlenswert! Ach und dann doch noch das: Wir haben uns einen Nachmittag lang mit dem Mietfahrrad durch die Gassen von Peking geschlängelt, sehr aufregend kommt uns doch der Verkehr in Peking ein bisschen vor wie die UNO. Fällt jemand einen Entscheid (hier die grüne Ampel) kann man sicher sein, ein Grosser legt sein Veto ein (hier zum Beispiel ein Lastwagen). Die Tour also ein cooles Abenteuer – nur die Lungen waren nicht ganz so begeistert. Nun sollte der Bogen zum Anfang geschlossen sein und wir schliessen ab. Ihr habt ja schliesslich noch andere Hobbies. Geht. Schaltet den Computer aus, amüsiert euch.

Wollt ihr trotzdem einen guten Grund, die Zeit weiterhin auch in der Freizeit vor der Kiste zu verbringen, dürfen wir euch gerne die folgenden zwei Blogs empfehlen:

Von zwei unerschrockenen, die das selbe Ziel haben, das wir hatten: Marco in Peking besuchen. Die zwei machen allerdings keine halben Sachen. Ihr Reisen, wie auch ihr Blog bewegt sich auf hohem Niveau. Reisen die zwei doch tatsächlich mit dem Velo von Bern nach Peking! Spinner! ;-) lest mit, unbedingt!! http://2wheelsblog.wordpress.com/

Und dann natürlich der Blog des viel erwähnten Mao Schuis. Er, selbsternannter Schildkrötenliebhaber, Fliessband-Gastgeber und der beliebteste Botschaftsinformatiker der Schweizer Botschaft in Peking unserer Zeit, lest, lest! http://marco.firstiwasblind.ch/
PS „Wer nicht auf die grosse Mauer gestiegen ist, ist kein wahrer Mann." (Mao Zedong).
PPS Marco, merci tuusig für die coolen Tage und verzeih uns die üble Nachrede hier im Blog! ;-)

Dienstag, 2. August 2011

Qingdao

Qingdao - die Schweiz des Ostens, wie es die Chinesen angeblich zu nennen pflegen.
Bei dieser Vorankündigung wussten wir nicht recht, was wir zu erwarten hatten. Holzchalets und Raclettestände dürften es kaum sein, dies war selbst uns recht schnell klar, aber was mag es sein, das einer Stadt zu diesem Übernamen verhilft?

Beim Verlassen des Bahnhofs strecken wir vorsichtig unsere Riecher in die Luft, riechen aber keine saftigen Wiesen oder mild süsse Schokolade... Nein, die Luft ist viel eher geschwängert von frischem und vor allem von nicht mehr ganz so frischem Seafood, von Stinky-Tofu und mit einer Brise Abgas. Dies kann also hoffentlich nicht der Grund für den Übernamen sein, es sei denn, Schilderungen über die Schweiz gelangen so nach China, wie wir es uns nicht wünschen. Unsere Suche nach Hinweisen muss also witergehen. Ganz in der Nähe unserer Jugendherberge gelangen wir auf einen Strassenmarkt, der in uns Erinnerungen an einen Markt in Kambodscha aufkommen lässt. Nach dem Besuch des Marktes in Kambodscha haben wir damals die Toiletten in unserer Nähe für etwa zwei Wochen mit heftigen Niederschlägen beglückt. Der Markt also auch nichts, wo ein Schweizer Lebensmittelkontrolleur seinen Stempel abgedrückt hätte - unsere Ankunft in Qingdao also insgesamt eher ernüchternd und herausfordernd.
Auch die Suche nach Nahrung auf dem Nachtmarkt beschleunigte die Überwindung des kleinen Kulturschocks nicht wirklich. Selbst nach dem Versuch, den Riechkolben auf Pause zu stellen, kommt man nicht so schnell aus dem Staunen. Gibt es im Meer eine Kreatur mit Namen - die Chinesen essen sie.
Frische Fische, getrocknete Fische, gepresste Fische, gegrillte Fische. Seeigel, Tintenfische, Quallen. Und klar, einen Seestern in seiner vollen Grösse zu verspeisen erfordert einiges an Kiefereinsatz, aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Was sich dann wirklich nicht verspeisen lässt, kann man dann immer noch als Wandschmuck oder als Spielzeug gebrauchen. Bei den kleinen Schildkröten ist einfach das Problem, dass die sich so nach zwei Tagen nicht mehr so lustig bewegen und dann auch bald zu stinken beginnen. Eine Koralle oder eine getrocknete Meeresschildkröte für an die Wand ist da schon um einiges unproblematischer.
An dieser Stelle haben wir übrigens aufgehört, nach Parallelen zur Schweiz zu suchen. Wir reisen ja schliesslich nicht der Schweiz wegen, sondern der Eindrücke des Fremden wegen, ist ja klar! ;-)
Mit der wiederentdeckten Offenheit konnten wir das Durchstreifen der Stadt auch wieder viel mehr geniessen! So war es beispielsweise sehr spannend, den Einheimischen beim Bierkauf auf der Strasse zu zusehen. Wie schon geschrieben, ist Qingdao die Heimat des Tsingtao Bieres und dementsprechend hat jeder Laden und jedes Restaurant einige Fässer Bier vor der Tür. Die Einheimischen kaufen DIREKT ab der Gasse im Plastiksack. Nein, nicht die Flaschen im Plastiksack, sondern direkt das Bier im Sack! Der Sack wird dann gewogen und bezahlt wird das Bier nach Kilo.
In Shanghai war es schon am Morgen 37,5 Grad, man war also schnell auf Betriebstemperatur und hätte eine Abkühlung dankend angenommen, das Meer war allerdings zu weit weg. In Qingdao ist es fast 10 Grad kühler, dafür hat die Stadt selbst 6 Badestrände. Wir entschieden uns also für eine Nachkühlung der Shanghaier Hitze und liegen einen Tag lang am Strand. Da soll noch einer sagen, wir seien knapp in der Zeit. Jedenfalls haben wir es genossen. Nach diesem Tag nichts tun, haben wir dann fast so gelächelt, wie es die Chinesen die ganze Zeit immer wieder tun. Uns erschienen die Chinesen als sehr freundlich, höflich, unaufdringlich und hilfsbereit. Stossen wir mit unserer Zeichensprache an Grenzen, fragen sie sich auf der Strasse durch, bis sich jemand finden lässt, dem die Klarheit schaffenden englischen Worte in den Sinn kommen. Lächelt man auf der Strasse jemandem zu, wird einem ein herzhaftes Lachen zurück geschenkt.
Bei Sehenswürdigkeiten wird man auch dann und wann von ganzen Touristengruppen schüchtern gefragt, ob man sich nicht mit ihnen Fotografieren lassen würde. Es könnte also durchaus sein, dass es unsere verschwitzten Antlitze auf die eine oder andere chinesische oder mongolische Diashow schaffen könnte.
Ebenso kurzfristig wie wir den letzten Abstecher auf einen Berg abgesagt hatten, haben wir uns diesmal für einen Ausflug auf einen anderen Berg entschieden. Und zwar für einen Tagesausflug auf den nahe gelegenen Laoshan, wir gingen also z'Bärg. Da sich ein Schweizer oben in den Bergen einfach glücklich fühlen muss, waren auch wir glücklich saubere Luft zu atmen und schöne Aussichten zu geniessen.
Zurück in der Stadt, begannen wir dann langsam aber sicher, das quirlige Durcheinander und das lebendige an jeder Ecke zu mögen und zu geniessen. Glücklicherweise ein grosser Kontrast zum aufgeräumten Shanghai.

Jetzt, nach drei Tagen Qingdao geht's per Zug ab zum gastgebenden Botschafts-Informatiker Mao Schui nach Peking. Ab von der Jugi mit Schimmel an den Wänden in ein Apartment im Kempinski.
Mao Schui, Beijing, Kempsinksi, Kulturschock, wir kommen!

PS Was ist Reisen? Ein Ortswechsel? Keineswegs! Beim Reisen wechselt man seine Meinungen und Vorurteile. (Anatole France 19. Jhrt.)
PPS Klar waren wir in der Brauerei - klar haben wir uns durch das Sortiment probiert.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Hochgeschwindigkeits Velofahren

Im beschaulichen Hanzhou, also eigentlich hat es 6,2 Millionen Einwohner, geniessen wir zwei Tage im Erholungsgebiet am See. Um zumindest die Gegend um den See erkunden zu können, mieten wir uns zwei Fahrräder. Die Drahtesel sind wahrscheinlich für Leute konzipiert, die etwa zwei Köpfe kleiner sind als wir. Sie verweigern gütigerweise aber auch mit uns die Fahrt nicht. Sehr assimilierungswillig tun wir es den asiatischen Touristen gleich, stemmen die Fahrräder auf den Gehsteig und setzen an zur vollen Fahrt voraus. Tauchen Hindernisse in Form von Fussgängern auf, wird geklingelt was die Klingel hergibt und das "Problem" ist aus dem Weg geschafft. Bei dieser Menge an asiatischen Touristen (Verhältnis asiatische zu westlichen Touristen vielleicht etwa 50:1) will man ja schliesslich nicht als lasch und durchsetzungsunwillig erscheinen.
Im Grossen und Ganzen ist aber alles sehr harmonisch und idyllisch an diesem See.
In einem Buddhistischen Tempel bekommen wir sogar die Möglichkeit, nach unserem Qi zu suchen. Auch die Mönche scheinen damit beschäftigt zu sein, ihre Mitte zu finden, ständig schuften will man jedenfalls nicht. So kann es auch einmal vorkommen, dass im leicht vernachlässigten Teich alle Fische ihre Bäuche an der Oberfläche sonnen und die zwei Schildkröten in die ewige Siesta eintreten. Das Karma kann man ja bei einer anderen Gelegenheit wieder aufpolieren, alles halb so schlimm!
Die Mitarbeiter in unserer Jugendherberge nehmen ihren Job dagegen sehr ernst. Alle sprechen Englisch und sind äusserst hilfsbereit. So telefonieren sie mehrmals zu unserem nächsten Ziel, um eine passende Unterkunft für uns zu reservieren. Reiseplanmässig sind wir zuweilen nämlich etwas verwirrt, ihr wisst schon, die Sache mit der beschränkten Zeit...
Unser antrainierter Reisestil, knapp über die Nasenspitze nach vorne zu schauen, stösst bei engeren Zeitvorgaben zum Teil an seine Grenzen. So sitzen wir am Abend vor der Weiterreise zwei Stunden vor dem chinesischen Zugfahrplan und wiegen die verschiedenen Möglichkeiten ab. Eigentlich hätten wir sehr gerne einen Trip auf den Berg Huangshan gemacht, weil die Bilder davon extrem verführerisch wirkten und uns dies einen Schritt näher an das ländliche China gebracht hätte. Leider sah der Wetterbericht für diese Tage aber stürmischer Regen voraus und da dieser kleine Abstecher insgesamt mit 32 Stunden Zug fahren verbunden gewesen wäre, sagten wir den Trip in letzter Minute ab. Auf dieser Reise höchstwahrscheinlich also nur hoch entwickeltes, städtisches China für uns.
Versteht uns nicht falsch, auch so liegen extrem viele Eindrücke, Überraschungen und Entdeckungen drin!
Nach Hangzhou gehts mit dem Hochgeschwindigkeits-Zug also zurück nach Shanghai, dort sind uns die Wege bereits bekannt und am Nachmittag steht nur das organisieren der weiteren Zugfahrten und der nächsten Jugendherbergen auf dem Programm. (Doch schon drei cm über die Nasenspitze, oder?) 
Das Ticket für den Hochgeschwindigkeits-Zug nach Suzhou ist schnell organisiert und günstig, für die Weiterfahrt nach Qingdao (Tsingtao, Bier!) wollen wir uns aber nicht mit dem Hochgeschwindigkeits-Zug abspeisen lassen. Da wir Geld sparen und Eindrucke dazu gewinnen wollten, haben wir uns das Zugsnummero des normalen Zuges herausgeschrieben. Das Ticket Büro in der Stadt, wollte allerdings nur Tickets für die Hochgeschwindigkeits-Züge verkaufen. Das erscheint uns plausibel und wir ziehen los zum Hauptbahnhof in eine der zahlreichen Warteschlangen. Am Schalter angekommen, wird uns auf einem Zettel die Nummer des Schalters notiert, hinterdem eine Beamtin mit englisch Kenntnissen sitzt. Nochmal anstellen und dann erklären, dass wir keinen G sondern D (normal) Zug wollen. Die Frau erklärt uns dann in drei englischen Wörtern, dass es diesen Zug nicht mehr gäbe. So ganz trauen wir dieser Information zwar nicht, kaufen dann aber schliesslich halt doch wieder Tickets für den Hochgeschweindigkeits-Zug. Reisen wir halt wieder komfortabel und schnell, was solls! ;-)
Schnell und komfortabel eben, unternehmen wir einen Tagesausflug nach Suzhou, dem Venedig des Ostens. Ehrlicherweise muss man sagen, dass von den charakteristischen Kanälen heute nicht mehr all zu viele übrig geblieben sind. Die unter Denkmalschutz stehenden Quartiere mit ihren Kanälen und Gärten laden aber vorzüglich zum Verweilen ein. Man könnte vielleicht sagen, die verbleibenden alten Quartiere seien nur noch Fassade, das tun wir aber nicht und geniessen das gemütliche Flanieren entlang der Kanäle.
Das Durchstreifen der "richtigen" Stadt gefällt uns auch, irgendwie ist alles etwas kleiner und übersichtlicher. Darf man bei 1,6 Millionen Einwohnern überhaupt schon von einer 'Stadt' sprechen? ;-)

PS Jeder Tag ist eine Reise, und die Reise an sich ist das zu hause (Matsuo Basho, 17. Jhrt)

PPS Sandro hat im fernen China erfahren, dass er alle Semesterprüfungen bestanden hat - zum Glück sind wir auf dem Weg in die Bierbrauerstadt Tsingtao! JUHU!

Montag, 25. Juli 2011

Express Beijing-Shanghai

Beim Kauf der Zugtickets von Beijing nach Shanghai haben wir wegen deren Preis noch grosse Augen gemacht, wir als alte Suedostasien-Klein-Portmonnaie-Reisende hatten da ja eher Preise in Erinnerung, die sich aus der Portokasse bezahlen lassen.
Beim Betreten des Expressbahnhofes wurde dann allerdings alles klar - Der Bahnhof vielleicht etwa ähnlich grosszügig wie bei uns der Flughafen, einfach noch ein bisschen moderner..
Das Einsteigen sehr unkompliziert, da jeder Zugsteil einen Zugang über ein eigenes Terminal hat (glücklicherweise brauchen die Chinesen wenigstens die gleichen Zahlen wie wir). Die Züge sind wie TGV's von übermorgen. So brettern wir mit etwa 300 Sachen Richtung Shanghai und erreichen unser Ziel in 5 statt 13 Stunden... Wow!
Der Bau des Express-Schienen-Netzes soll um die 27 Milliarden verschlungen haben. Leider ist in diesen Tagen gerade ein Unfall passiert, ansonsten finden wir, die Pfeile können durchaus mit dem Flugzeug Konkurrenz aufnehmen, schnell und sehr komfortabel.
Auch die Ankunft in Shanghai, wie erhofft sehr modern, unkompliziert und zügig. Glücklicherweise haben wir einen erschwinglichen Schlafplatz in einem Massenlager in einer super charmanten Jugendherberge gefunden - umringt von gläsernen Wolkenkratzern.
Auf der letzten Reise hatten wir ein beschränktes Budget, dafür viel Zeit, auf dieser Reise haben wir ein beschränktes Budget und wenig Zeit...
Trotzdem wollen wir uns den Müssiggang nicht nehmen lassen und bleiben in Shanghai für ganze 3 Nächte. In den 3 Tagen haben wir das moderne Stahl-Gläserne, wie auch das verwinkelte und grüne Shanghai kennen gelernt.
Wir haben zig Kilometer in der Metro unter dem Boden zurück gelegt und die Aussicht aus dem 95. Stock auf 450 Meter genossen. Zwei traditionelle vegetarische Restaurants haben wir abgeklappert und uns in einer kleinen Nudelbude überraschen lassen.
Derweil hatten wir noch etwas mit der Zeitumstellung und vorallem mit der Klimaumstellung zu kämpfen. Morgens um 10 Uhr ist es bereits 37 Grad und sehr feucht...
Während wir diese Zeilen in Hangzhou, einer Stadt westlich von Shanghai am See aufsetzen, verbrauchen wir literweise Wasser und der Schreibblock hat sich mittlerweile komplett mit Schweiss vollgesogen (Hhmmm!)
Abgesehen davon, und vielleicht noch den 1000 anderen chinesischen und japanischen Touristen welche mit uns am See sitzen, ist es sehr idyllisch und ziemlich erholsam! ;-)

PS Da war noch ein Besuch beim Frisör, immer wieder eine Mutprobe. ;-) Mit dem Ergebnis absolut zufrieden und die halbstündige Massage als Supplement voll OK!

Los gehts!

19.07.11. Abflugstag. Vor dem Abbiegen in den Bahnhof noch kurz die heilige Dreifaltigkeit schlagen (linke Hosentasche Handy, Bauchtasche Pass mit Visum, rechte Hosentasche Bares) und es kann losgehen.
Dass der lieblose Check-in-Automat in Zürich Unique unsere Ticket-Nummern nicht kennt, beunruhigt uns keine Spur! Wäre ja gelacht und so hilft uns das Bodenpersonal in einer mittelmässig aufwändigen Aktion zu unseren wohlbezahlten Sitzplätzen zu kommen.
Schliesslich geht es über den grössten Flughafen Europas zum grössten Terminal der Welt. Terminal 3 empfängt uns in Beijing pompös. Alles nagelneu, sauber und Hochglänzend. Selbst das Prozedere bei der Immigration verläuft spektakulär unspektakulär. Kein Abfragen von Schulwissen über Marx oder Mao, kein (offizielles) abgeben von Fingerabdrücken oder aufzeichnen von Hirnströmen. Hallo!? Wo sind wir denn hier? ;-)
Das Einsteigen in den klimatisierten Airport Express unspektakulär - geordnet. Das Aussteigen 20 min später mitten in der Stadt dann schon eher herausfordernd.
Kaum öffnet sich die Tür, drängt eine entschlossene Menge in den Zug. Wir nehmen die Kampfansage an und stellen uns mit einmal Rucksack hinten und einmal Rucksack vorne stoisch der Masse entgegen. Unser Motto: "Mir si de scho no grad chli grösser!"
Draussen auf der Strasse, bald mitten auf einer Kreuzung, umzingelt von sich wild kreuzenden Elektro-Rollern, Velos und Autos, ändern wir unsere hochmütige Einstellung bereits wieder ein wenig und setzen nun voll auf die Karte: friedliche Koexistenz!
Sie scheinen unser Friedensangebot (Kapitulation?) angenommen zu haben, denn schon bald finden wir uns in einem Massenschlag in einer Jugendherberge in einem traditionellen Hutong (Gasse).
Auch die Zugtickets für die Weiterreise nach Shanghai sind bald einmal besorgt und das vegetarische Nachtessen für 9 Yuan geordert (Hä, da staunt Ihr, was? :-) )
So, China, der Start ist geglückt, uns gefällts hier, wir bleiben eine Weile!
PS auch beim Kauf einer chinesischen SIM-Karte werden einem die Hirnströme nicht gemessen.
PPS Unsere Taktik die Great Firewall of China zu umgehen, hat nicht funktioniert. Bei diesem Versuch hat sich der Computer im Internetcafe wie aus Geisterhand ausgeschaltet.
Darum diese Verzögerung und noch keine Bilder.
PPPS Eine Reise von tausend Kilometer beginnt mit einem einzigen Schritt (Lao-tse, 4. Jhr. v.Chr.)

Samstag, 9. Juli 2011

Intermezzo

Debbie und Sandro in der Ferne? Weltluft?
War da nicht schon mal was?
Doch, doch, treue Blog-Wiedereinsteiger, Quereinsteiger und Zusteiger, vor 736 Tagen meldeten wir uns hier letztmals mit einer Brise Weltluft in der Nase bei euch auf dem Bildschirm.
Viel Wasser ist seither die Aare und den Ganges runter geflossen, einige treue Spitex-Kunden hat Debbie aufgepäppelt, zig Einsen und Nullen wurden von Sandro an der Fachhochschule neu getischelt und einige Erinnerungen der wunderbaren „Weltluft“-Reise begannen langsam welk zu werden.
Aber genug des Resümierens, um nostalgisch zu werden, gibt es keinen Grund, nicht jetzt und nicht heute!
Denn jetzt und hier startet ein neues, kurzes Intermezzo auf Weltluft, ein Intermezzo von Debbie und Sandro in der Ferne…
Um uns die Schreiberei nicht zu einfach zu machen, haben wir uns extra ein Reiseziel ausgesucht, wo Blogs nicht gemocht werden.  Der Mensch wächst ja bekanntlich am Widerstand und darum verschieben wir unser zwei Personen-Aussenkorrespondenz-Unternehmen in ein Land, wo Blogs gesperrt sind.
(Merkt Ihr es? Angestrengt versuchen wir, hier die Spannung etwas aufzubauen, aber mit euch funktioniert das nicht… Ihr Schlaumeier habt bestimmt im Titel schon gelesen, dass es uns nach China verschlägt, hä? Wenn nicht, umso besser: uns verschlägst nach China! (Nun sollten Schlaumeier und Überflieger wieder auf dem gleichen Stand sein)).

Jetzt, wo die Spannung ja schon mal ruiniert ist, können wir ungeniert trocken, noch ein paar Fakten zum Besten geben: Unsere Reise führt uns am 19. Juli von Zürich über Frankfurt nach Peking, vierundzwanzig Tage später schon wieder zurück zum Ausgangspunkt. Impfungen noch aktuell. Visum erhalten. „Lonely Planet“ druckfrisch eingepackt und Rucksäcke geflickt.
Voilà, erstes Fakten-Bouquet wäre also deponiert.





PS Habt ihr es gelesen, „nur“ vierundzwanzig Tage? Wollt ihr uns also mit einem Kommentar beglücken, zögert nicht zu lange…
PPS Neben uns sehen wir ein T-Shirt, einen Kugelschreiber, ein Handyakku, eine Schere, ein Portemonnaie, einen I-Pod – alles made in China.
PPPS Liebes China, Geburtsstätte westlichen Wohlstandes, Wiege praktisch aller Gebrauchsgüter und Mutter des Kung-Fu, wir freuen uns auf dich! – bitte zensiere uns nicht…